Geschichte

Lage und Größe des Dorfes Bumbeln

Auf einer guten Ostpreußenkarte findet man Bumbeln auf 59,5 Grad nördlicher Breite und 83 Grad östlichen Länge.

Bis 1944 gehörte Bumbeln zum
Amtsbezirk Springen
Kirchspiel Herzogskirch
Standesamtsbezirk Herzogskirch
Schulbezirk Springen
Kreis und Regierungsbezirk Gumbinnen
Provinz Ostpreußen

Das Dorf lag an der Kreisstraße von Gumbinnen nach Schlossberg (früher: Pillkallen). Von der Dorfgrenze bis nach Gumbinnen waren es 10 Kilometer.

Bumbeln hatte 250 Hektar Dorffläche, wobei der größte Teil davon fruchtbarer Ackerboden war. Daneben bedeckten weite Wasserflächen u.a. der Bumbelner See und viele kleine Teiche das Dorfgebiet.

Zum Zeitpunkt der Flucht 1944 hatte Bumbeln 208 Einwohner mit 48 Familien und einigen Einzelpersonen.



Bumbeln ein uralter Siedlungsplatz

Siedlungsgeschichtlich nachweisbar seit etwa Altsteinzeit. Belegt durch Grabungsfunde u.a. Schaftlochhammeraxt.
Aus anderen bekannten prussischen Siedlungsstellen ist nachgewiesen, das die prussischen Vorfahren sehr gerne an Stellen mit fließendem Wasser und an Seen siedelten. Daher ist mit Recht zu vermuten, das die ersten deutschen Siedler sich in Bumbeln an einem alten nadrauischen Siedlungsplatz niederließen. In der Ordenszeit lag das Dorfgebiet im Siedlungsraum der prussischen Nadrauer.



Rund um den Bumbelner See

Das Dorf Bumbeln lag an einem der drei Seen des Kreises Gumbinnen. Seine Wasserfläche betrug bis 1944 circa 0,24 qkm. Der See hatte zweifelsfrei in früheren Zeiten eine größere Ausdehnung. In der genannten Zeit erstreckte er sich vom südwestlichen Dorfrand bis fast an die Ortsgrenze von Herzogskirch.
Das versumpfte Wiesen- und Moorgelände rund um den See, die Bedugnis (Auge) gab noch Zeugnis von seiner ursprünglichen Größe. Das Seeufer war mit einem dichten Schilfgürtel bewachsen, wobei das Gelände zu den Häusern des Dorfes hin etwa 6 Meter anstieg

Entstanden ist der See als Folge der letzten Eiszeit – also etwa vor 20.000 Jahren. Die eiszeitlichen Ablagerungen in Form von Moränenschutt bedeckten in einer mächtigen Schicht das Dorfgebiet. Über den Niebudiesgraben, auch Waldbach genannt, hatte der See einen natürlichen Abfluss zum Fluss Inster, einem Nebenfluss des Pregel und damit zur Ostsee. Der See war sehr Fischreich, Aale, Hechte, Barsche und Plötze konnten gefangen werden.
Außerdem war sein Schilfgürtel gutes Brutgebiet für viele Wasservögel und im Sommer ein Tummelplatz für Wildenten (Knäk- und Krickenten). Das angrenzende Feuchtgebiet war ein idealer Lebensraum für seltene Tiere und Pflanzen. So fanden z.B. Weißstörche hier stets einen reich gedeckten Tisch.

Im Frühjahr haben hier u.a. regelmäßig Wildgänse, Schwäne und Graureiher auf ihren Zug nach Osten Station gemacht. Zur Zeit der Schneeschmelze war die ganze Bedugnis von Bumbeln bis Herzogskirch ein einziges Überschwemmungsgebiet.


Die geologische Form des Dorfgebietes

Das Bumbelner Dorfgebiet gehört zur nordostpreußischen Grundmoränenebene. Das Land war flach bis flachwellig. An vielen Stellen gab es tiefe Moor- und Sumpfstellen, in denen u.a. die schmackhaften Moosbeeren in großen Mengen wuchsen.
Größere und kleinere Teiche fanden sich hier überall. Für die Bauern waren sie nützlich als Viehtränke und als Tummelplatz für die hauseigenen Gänse und Enten. Auch bot der moorastige Uferbereich genügend Baumaterial für die zahlreichen Schwalbenpaare zum Nestbau.

Für die Entwässerung des fruchtbaren Ackerbodens war es daher notwendig, das Land mit einem engmaschigen Dränagesystem zu durchziehen, dessen Hauptsammler über den Bedugniesgraben einen Abfluss hatte.


Die Jahre bis zum 17. Jahrhundert

Es ist anzunehmen, dass auch die Umgebung Bumbelns in der damaligen Zeit im Bereich der Großen Wildnis lag, welches als urwaldartiges Waldgebiet den späteren Kreis Gumbinnen fast vollständig bedeckte und als Schutzwall gegenüber den feindlichen östlichen Nachbarn diente. In den Jahren von 1619 bis 1640, wurde, veranlasst durch den brandenburgischen Kurfürsten Georg-Wilhelm, das spätere Dorfgebiet verstärkt in Rodungsarbeiten einbezogen, und es wurde bereits damals mit den Entwässerungsarbeiten begonnen.

Unbewohnt war diese Gegend aber auch vorher nicht, z.B. im 14. und 15. Jahrhundert. Aus Ordensberichten ist zu entnehmen, dass hier vereinzelte nadrauische Siedlungen bestanden. Wann die ersten deutschen Siedler hier sesshaft wurden ist nicht mehr genau feststellbar. Wir wissen jedoch, dass schon im Jahre 1544 die Kirche in Insterburg auch für das Bumbelner Dorfgebiet zuständig war. Um 1615 dürfte das erste Kirchengebäude im Nachbardorf Niebudszen (1937 in Herzogskirch umbenannt) gebaut worden sein, da das Kirchspiel seit 1619 besteht. Der erste nachgewiesene Pfarrer, Andreas Krause, kam 1622 nach hier. Vorher wurden die Eintragungen in die Kirchenbücher für die Bumbelner Bürger in der Kirche zu Insterburg vorgenommen.


Bumbeln in den Jahren des 18. und 19. Jahrhunderts

Ende des 17. und auch im 18. Jahrhundert verwüteten mehrere Pest- Epidemien im östlichen Teil Ostpreußens, die einen großen Teil der hier ansässigen Bevölkerung tötete und so weite Gebiete menschenleer machte. Natürlich hatten auch die Schwedenkriege und der Tatareneinfall die Bevölkerung in Mitleidenschaft gezogen. Daneben waren aber auch die schweren wirtschaftlichen Bedingungen, die die Menschen aus den Dörfern Vertrieb. So trat besonders nach der letzten Pest im Jahre 1709 eine durchgreifende Erneuerung der Bevölkerungsschicht Nadrauens ein, indem der Landesherr neue Siedler anwarb. Diese kamen vorwiegend aus dem westlichen Teil Deutschlands, sogar aus der Schweiz und aus den Alpen, wobei die Salzburger die homogenste Gruppe ausmachten.

Schwere Lasten hatten auch die hier ansässigen Bauern zu tragen, die der Zug der französischen Armee 1812 nach Russland verursachte und natürlich auch die zurückflutenden geschlagenen Reste der „Großen Armee“.
Der Krieg von 1866 zwischen Preußen und Österreich hatte für Bumbeln nur indirekte Auswirkungen. Von den eingezogenen jungen Männern ist einer in dem Gefecht am 27.Juni 1866 in Trautenau /Böhmen verwundet worden. Vier weitere preußische Soldaten aus der Umgebung Bumbelns sind dabei gefallen.


Bumbeln im 1. Weltkrieg (1914 bis 1918)

Gleich zu Beginn des Krieges wurde auch das Bumbelner Dorfgebiet in die entscheidenden Kampfhandlungen im Raum Gumbinnen einbezogen. Am 18. August 1914 waren die deutschen Truppen hinter die Linie Gumbinnen – Schlossberg zurückgenommen worden, dabei u.a. auch das Dorfgebiet von Bumbeln. Zwei Tage später griff die 1. Infanterie – Division an und eroberte mittags bereits das Nachbardorf Brakupönen und auch Bumbeln von den russischen Truppen zurück. Bei diesen Kämpfen wurden die meisten Gebäude der Bauernhöfe zerstört bzw. wurden abgebrannt.
Bis zur Flucht der Bumbelner Bevölkerung am 20..10.1944 erinnerten an diese Kampfhandlungen die Gräber der gefallenen deutschen und russischen Soldaten auf dem Ehrenteil des Dorffriedhofs, nämlich zwei namentlich bezeichnete deutsche Grenadiere, 15 unbekannte deutsche Soldaten und ein unbekannter russischer Soldat. Bumbeln selbst hatte vier gefallene Männer zu beklagen, die während des ganzen Krieges hatten ihr Leben lassen müssen.


Bumbeln und der 2. Weltkrieg (1939 bis 1945)

Vom Krieg gegen Polen und später gegen Frankreich haben wir in Bumbeln zunächst wenig gemerkt. Auch wenn bereits einige Männer zur Wehrmacht eingezogen waren, gab es doch keine Verluste in unserem Dorf. Das Leben verlief in seinen gewohnten Bahnen: Saat und Ernte, Geburt und Tod.

Das beschauliche Leben änderte sich jedoch Anfang 1941 schlagartig. 1941 war das nördliche Ostpreußen – wie bereits schon 1812 unter Napoleon – Aufmarschgebiet für den Angriff auf Russland. So rückten bereits Anfang Mai Infanterieeinheiten mit Pferdefuhrwerken in das Dorf ein. Es gab wohl keinen Bauernhof der keine Einquartierung hatte. Daneben wurden fast jeden Tag Manöver abgehalten. Besonders für die Kinder waren das spannende Tage beim Zuschauen. Hinterher konnten dann die Platzpatronen zum Spielen eingesammelt werden. Außerdem marschierten ab Anfang Juni täglich große Marschkolonnen Infanterie auf unserer Chaussee in Richtung Osten, daneben auch immer wieder motorisierte Verbände und viele Panzer, alles voll gepackt mit Soldaten. Dieses Schauspiel bot sich uns Tag und Nacht in dieser hochsommerlichen Zeit.

In der Nacht vom 20. zum 21. Juni 1941 war dann das deutsche Heer auf breiter Front in die Sowjetunion eingefallen. Bereits gegen Mittag erhielten wir die Nachricht, dass einer der bayrischen Soldaten, die auf unserem Bauernhof einquartiert waren, gefallen war. Doch je länger der Krieg dauerte, um so öfter erhielten Familien im Dorf Todesnachrichten über gefallene Männer oder Söhne mit den Worten „Gefallen für das Vaterland“. Insgesamt waren es 15 solcher Briefe. Acht Söhne unseres Dorfes wurden vermisst.

Für die zur Wehrmacht eingezogenen Männer erhielten wir in den Jahren 1942 bis 1944 als Ersatz französische oder russische Krieggefangene zur Arbeit auf den Höfen und den Feldern. Daneben waren auch viele polnische Mädchen in den Haushalten beschäftigt. Von den Behörden war dazu angeordnet worden, dass diese ausländischen Beschäftigten stets ihr Mahlzeiten für sich und nicht mit den Familienangehörigen zusammen einnehmen sollten. Schon aus praktischen Gründen ging das nicht und es wurde auch nirgends so praktiziert.
Als im Spätsommer die Front immer näher an Ostpreußen kam, wurden auch bei uns im Dorf an vielen Stellen Schützen- und Panzergräber ausgehoben. Ob diese Gräben später noch mal deutschen Soldaten genützt haben ist ungewiss.


Die Flucht

Im Oktober 1944 kam auch für die Bumbelner das Kriegsgeschehen immer näher heran. Überall wurden für den Fall der Fälle Fluchtvorbereitungen getroffen auch wenn das von den zuständigen Behörden verboten war. Bereits im Sommer kamen fast täglich lange Kolonnen Flüchtlinge aus Estland, Lettland und zuletzt aus Litauen durch unser Dorf. Dazwischen wurden immer wieder große Viehherden und manchmal auch Pferdeherden über unsere Chaussee nach Richtung Westen getrieben. Die Flüchtlingstrecks, verbunden mit dem täglich näher kommenden Kanonendonner waren für uns untrügliche Zeichen, dass es auch für Bumbeln bald „Aufbruch“ heißen würde.

Am 19. Oktober 1944 erhielten alle Bumbelner Dorfbewohner den Befehl, am nächsten Morgen das Dorf in Richtung Osterode / Südwestostpreußen zu verlassen. Das Fluchtgepäck wurde schnell auf vorbereitete Leiterwagen geladen. Das was für die fest geglaubte Zeit nach der Flucht bei der Rückkehr wieder benötigt werden konnte, wurde in großen Behältnissen vergraben. Alle Kühe, die Schweine und alles vorhandene Federvieh, d.h. Gänse, Enten und Hühner blieben zurück und sich selbst überlassen. Alle Türen wurden geöffnet.
Für alle Familien fand sich noch am selben Abend ein Fuhrwerk, auch für die, die keine Pferde und keinen Wagen hatten. So verließen am 20. Oktober, morgens um 8 Uhr, alle Bumbelner in einem geschlossenen Treck das Dorf, von dem es kein zurück in die angestammte Heimat, das Land der Vorfahren, mehr geben sollte.

Nach einem Auszug aus russischen Wehrmachtsberichten war zu entnehmen, dass Bumbeln am 18. Januar 1945 von Panzereinheiten der 3. weißrussischen Front erobert wurde, die nach einem Einbruch bei dem Dorf Kattenau über die Linie Schlossberg – Gumbinnen bis zum großen Waldgebiet des Eichwalder Forstes vorstießen. Verteidigt wurde dieser Bereich von Einheiten der 349. und 549. Volksgenadierdivisionen sowie der 1. Infanterie – Division.


Die Opfer

Von den 208 Bewohnern Bumbelns sind während des Krieges und der Flucht folgende Personen zu Tode gekommen:

1.
 

Auf der Flucht umgekommen: 7 Frauen, 6 Männer
 

2.
 

Als Soldaten vermisste Männer: 9 Männer
 

3.

 

Im 2. Weltkrieg als Soldaten gefallene Bumbelner: 14 Männer
Insgesamt Verluste aus dem Dorf Bumbeln: 36 Personen
oder 17,3 % der seinerzeitigen Bevölkerung von 208 Einwohnern.



Bumbeln im Jahre 2002

Anlässlich meiner regelmäßigen jährlichen Besuche ab 1992 habe ich festgestellt, dass das Dorf Bumbeln auch heute noch existiert, wenn auch einige Bauernhöfe mit allen Gebäuden bis auf die Fundamente abgebrochen wurden.

Unter russischer Verwaltung heißt das Dorf: Lljino
Post Kubanowka
Rajon Gussew, Oblast Kaliningrad

Nach persönlicher Aussage einer seit 1946 hier im Dorf wohnenden russischen Frau, ist das ganze Dorf Bumbeln von Kriegseinwirkungen weitestgehend verschont geblieben. Die jetzt nicht mehr vorhandenen Gebäude wurden sämtlich in den Jahren von 1946 bis etwa 1975 nach und nach abgetragen. Heute erinnern an diese ehemaligen Hofanlagen nur noch kleine Wäldchen in der weiten Fläche, die sich bei näherem Hinsehen als die seinerzeitigen und nun verwilderten Obstgärten herausstellten. Außerdem finden sich zwischen dem Gestrüpp meistens noch einzelne Mauerreste, Treppenstufen, zerbrochene Keramikteile bzw. manchmal nur noch einzelne Mauersteine, die auf den früheren menschlichen Wohnsitz hinweisen. Das bis Ende 1944 von deutschen Bauern beackerte fruchtbare Ackerland ist jetzt etwa zu 90 % Brachland. Keine Sicht behindert den Blick auf den weiten ostpreußischen Himmel.

Von den ehemaligen bäuerlichen Wohnstätten an der Chaussee sind folgende bewohnt:

1. Bauerhof Karl Schiedat: Diesen Hof bewirtschaftete bis September  2003 eine russlanddeutsche Familie. Das Wohnhaus ist vollständig erhalten, die Scheune zur Hälfte, auch der Ziehbrunnen gibt immer noch gutes Trinkwasser. Der Stall ist abgebrochen, er wurde aus Ziegeln der nicht mehr existierenden Bauernhofgebäude neu errichtet, ebenso ein kleines Lagergebäude. Diese Familie hat danach das gesamte Anwesen an einen russischen Kaufmann aus Gussew verkauft, bevor diese Familie mit allen Personen nach Deutschland ausgereist ist.
2. Bauernhof Anna Serapins: Diesen Hof bewirtschaftet eine junge russische Familie. Bis im Jahre 2000 wohnte hier eine allein stehende russische Frau, die u.a. privat. Wodka gebrannt und an „Bekannte“ verkauft hat. Außerdem betrieb sie etwas Landwirtschaft. Diese Frau erzählte mir, das sie in diesem Haus ab 1946 wohnen würde.
3. Bauernhof und Mühlenbetrieb Hans und Walter Sellien: Hier ist nur noch das Wohnhaus von russischer Familie bewohnt. Die Mühle ist nach 1945 total demontiert und auch das Backsteingebäude ist bis zu den Fundamenten abgebrochen worden. Außerdem stand im August 2000 noch der ehemalige Rinderstall; jedoch in einem sehr desolaten Zustand.
4. Gebäude vom ehemaligen Bauernhof Eduard Baureis: Dieses Anwesen wird auch von russischer Familie bewohnt. Ein Gespräch mit den Bewohnern war bisher nicht möglich.

Von den ehemaligen bäuerlichen Wohnstätten im etwas abseits von der Chaussee liegenden Dorfkern sind folgende bewohnt:

1. Bauernhof Friedrich Ipach: Hier lebt eine sehr herunter gekommene russische Familie mit etlichen kleinen Kindern.
2. Bauernhof August Gröchel: Diesen früher sehr großen Hof bewirtschaftet ein sehr ordentliches russisches Ehepaar. Die  Gebäude wurden und werden instand gesetzt, das Weideland ist für das Vieh eingezäunt.
3. Bauernhof Otto Horn: Nach anfänglichem Verfall der dortigen Gebäude wohnt seit etwa 1998 eine sehr ordentliche Großfamilie dort mit unbekannter Nationalität (vier Generationen). Das Wohnhaus ist sehr gut ausgebaut, auch alle inneren Räume.
4. Wohngebäude mit Stall Uschkurat: Auch dieses Anwesen ist bewohnt. Der Gemüsegarten ist bepflanzt. Bewohner konnten aber niemals gesichtet werden.
5. Bauernhof Karl Adomßent: Auch dieser Bauernhof ist seit Jahren wieder bewirtschaftet von einer jüngeren russischen Familie. Anlässlich eines Gesprächs mit dem Bauern, erstmals im Sommer 1992, berichtete er mir stolz, dass er der 1. freie Bauer im ganzen Dorf und der Umgebung wäre. Die Familie hat einen eigenen Trecker und damit bearbeitet er mit seinen beiden Söhnen große Landflächen. Wohnhaus und weitere ehemalige Hofgebäude haben den Krieg überdauert.
6. Bauernhof Karl Rusch: Bis 1995 lebte hier ein älteres russisches Ehepaar, das aber jetzt verstorben ist. Bei einer Besichtigung des noch vorhandenen Wohnhauses und des kleinen Stalls im Jahre 1997 wohnte hier niemand mehr.
7. Bauerhof August Held: Ab 1992 steht von diesem Anwesen lediglich noch das Wohnhaus. Es ist aber in einem desolaten Zustand und seit Jahren unbewohnt.
8. Bauernhof Wilhelm Britt: Wohnhaus und Stall bewohnt hier seit Jahren eine sehr rührige freundliche russische Familie, die das Anwesen verhältnismäßig gut in Schuss  hält. Auch der Brunnen auf dem Hof ist noch wie bis 1944 in Gebrauch. Bei einem
Besuch im Jahre 2000 hat sich diese Familie sogar einen Pkw zugelegt und eine Garage gebaut.
9. Bauernhof Otto Held: Auch dieser ehemalige Bauernhof hat die Jahre nach dem Krieg
überdauert. Die hier wohnende russische Familie betreibt etwas Ackerbau für und Rüben und Kartoffeln. Außerdem unterhalten sie eine kleine Bienenzucht mit etwa 10 Völkern; gesehen und gesprochen im Sommer 2000.
10. Hofgebäude des Schneidermeisters Otto Esch: Wohnhaus und Stall sind gut erhalten. Das Anwesen wird bewohnt von russischer Familie. Es macht einen ordentlichen Eindruck, ebenso der gepflegte Obst- und Gemüsegarten.
11. Familie Gustav Schweighöfer.Von den ursprünglich acht Siedlungshäusern stand bis zu meinem letzten Besuch dort Im Jahre 2000 nur noch das von der Familie Schweighöfer. Die Bewohner, ein Mann und eine nicht mehr ganz junge Frau, machen keinen sehr guten Eindruck (u.U. Alkoholkrank).

Nicht mehr vorhandenen Hofstellen

1. August Backschat (Teile der früheren Ackerflächen stehen unter Wasser)
2. Otto Fuchs (hier ist nur noch der Brunnen vorhanden)
3. Franz Gilweit ( hier erinnert nur noch der verwilderte Obstgarten an diesen ehemals sehr stattlichen Bauernhof, außerdem einige Ziegelreste)
4. Julius Rudat (Kein Hinweis mehr zu erkennen)
5. Wilhelm Baureis ( hier steht noch ein halb verfallenes Wohnhaus, sowie etwas vom Stall)
6. Hermann Bodenbinder (kein Hinweis mehr zu erkennen)
7. Fritz Schilinski (kein Hinweis mehr zu erkennen)
8. Otto Didwischus (kein Hinweis mehr zu erkennen, lediglich Reste des früheren Brunnens zu finden)
9. Fritz Ehmer (nur noch schwache Hinweise auf dieses frühere Anwesen)
10. August Held (kein Hinweis mehr erkennbar)
11. Otto Guddat (hier erinnert nur noch etwas an den früheren Obstgarten)
12. Gustav Hagemeister bzw. Josef Steiner (hier habe ich noch nichts überprüft)
13. Emil Hundsdörfer (kein Hinweis von den früheren Hofgebäuden mehr erkennbar, lediglich noch gut tragende Pflaumen- und Zwetschgenbäume aus Obstgarten)
14. August Deutschmann (kein Hinweis mehr erkennbar, lediglich verwilderte Zwetschgenbäume erinnern an dieses frühere Anwesen)

15. Sowie folgende sieben Siedlerstellen: Franz Kerschat, Johann Babirat, Franz Weiß, Johann Viehofer, Friedrich Schardien, Friedrich Hahn und August Heß, die restlos abgetragen worden sind; ohne einen Hinweis.


Der Dorffriedhof
Der ehemalige Bumbelner Dorffriedhof liegt immer noch an seiner alten Stelle. Die bis 1944 hier vorhandenen Gräber deutscher Verstorbener sind sämtlich nicht mehr vorhanden. Statt dessen befinden sich hier die Gräber der verstorbenen russischen Dorfbewohner. Die Grabstelle, an der im September 1944 meine Mutter Frieda Schiedat beerdigt worden ist, wird von uns bei jedem Besuch mit Blumen geschmückt, außerdem auch zwischendurch von der Familie Helene Stock, die seit 1987 das Grundstück Karl Schiedat bewirtschaftet. Auch das bis 1944 im hinteren Friedhofsteil vorhandene Gräberfeld gefallener deutscher und russischer Soldaten aus dem 1. Weltkrieg ist nicht mehr da. Das orthodoxe Grabkreuz, welches sich vor dem des gefallenen unbekannten russischen Soldaten befand, befindet sich jetzt im russischen Heimatmuseum in Gumbinnen (heute: Gussew).


Das jetzige Dorfgebiet
Das früher überwiegend bewirtschaftete Ackerland liegt zu etwa 90 % brach. Die vorhanden gewesenen Dränagen sind nicht mehr intakt; die Abflussgräben sind kaum noch zu erkennen. Das hat zur Folge, dass überall im Dorf das Grundwasser gestiegen ist und deshalb die Keller nicht mehr trocken zu halten sind. Außerdem sind die Teiche erheblich größer geworden und frühere niedrig gelegene Landflächen stehen unter Wasser.

Straßen und Wege
Die Kreisstraße von Gumbinnen nach Schlossberg ist wie auch früher schon asphaltiert und einigermaßen befahrbar. Die frühere Kiesstraße von Ballienen zum Friedhof und weiter nach Herzogskirch ist asphaltiert und gut befahrbar. Der Feldweg von der Chaussee beim Bauern Serapiens über Ipach nach Richtung Friedhof ist zugewachsen und nicht mehr erkennbar ebenso der Zufahrtsweg vom Friedhof zu den Bauernhöfen Otto Guddat, Otto Horn, Uschkurat und Hagemeister ist teilweise noch als Weg erkennbar. Die eigentliche Dorfstraße ist in einem sehr desolaten Zustand und bei Nässe nur noch mit großer Mühe zu begehen bzw. zu befahren. Das gleiche gilt auch für den früheren Weg von der Chaussee zum Bauernhof Gilweit und weiter nach Moosgrund (Schorschienen). Das Gebiet der früheren Siedlungshäuser sind nur noch zu Fuß über unbebaute Landflächen zu erreichen.

Der Bumbelner See
Von der Anhöhe des Dorfes sind nur noch ganz schwach Wasserflächen zu erkennen, weil das Seeufer ganz und gar mit Schilf und Gebüsch zugewachsen ist.

Erinnerungen an einen Sommer (geschrieben am 30. Juli 1974  in einem Urlaub auf einem Bauernhof  in Niederrimbach/Taubertal )

Die Luft ist heiß und still. Bauern treffen Vorbereitungen auf die kommende Roggenernte. So ist es im Juli 1974 im Hohenloher Land. Fast unmerklich gehen hier die Gedanken zurück an den letzten Sommer in Bumbeln - an den letzten Sommer zu Hause. Dreißig Jahre sind inzwischen vergangen. Auch damals war die Luft heiß und still. Nur manchmal kam ein leises aber deutliche Donnern an mein Ohr. War es ein nahendes Sommergewitter ? Doch nein - es war ganz deutlich zu hören - Kanonendonner !

Schon die letzten Tage brachten viel Unruhe in unser beschauliches Fleckchen Erde an der Chaussee von Gumbinnen nach Schloßberg. Rinderherden - oft mehrere hundert Stück auf einmal - wurden vorbei getrieben. Manchmal war auch eine Herde Pferde dazwischen. Für uns Jungen jedes Mal aufregend und neu. Kommt der Krieg nun auch hierher ? Auch Flüchtlinge aus Estland, Lettland und zuletzt Litauen ziehen an unseren Hof vorbei - manchmal einzelne Panjewagen, manchmal ganze Trecks.

Wenn es Abend wird in Bumbeln, ist unser kleiner Hof voll von Flüchtlingen. In der Küche wird für viele gekocht. Die Fremden kommen und gehen durch unsere Zimmer, durch Stallungen und Scheune. Beklemmung ergriff das Herz - ist das noch die vertraute Heimat ?

Doch die Vorbereitungen für die Ernte gehen weiter. Auch mein Vater ist wieder da und erzählt - Bruchstücke bleiben  an meinem kindlich Ohr hängen - von gefangenen Russen mit Wasserbeinen beim Schippen von Panzergräben in Litauen. Ist es möglich, dass bei denen so großer Hunger sein kann ? Warum, wir haben doch genug zu essen ? Konnte ich es damals verstehen - ich weiß es heute nicht mehr. Mutter und Vater packten nun auch für uns einen Fluchtwagen.

Futter für die beiden Pferde und Bettzeug für uns wird aufgeladen. Wir bogen Weidenruten über den Leiterwagen und banden Wolldecken darüber. Ich dachte: "Oh, wie wird das lustig - sollten wir nun auch flüchten - alles verlassen"? Keiner weiß auf die Fragen und Gedanken eines 11jährigen Jungen eine Antwort. Wer wird sich um das Vieh kümmern ? Aber wenn es sein muss - wir werden dann bestimmt bald zurückkommen. Wird der Führer helfen können ? Was verstand ein Junge von elf Jahren schon vom 20. Juli - was vom Krieg ?

Doch oh Wunder - der Kanonendonner wird leiser ! Soll das Verhängnis an uns vorüberziehen ? Doch erstmal wird die Ernte eingebracht. Soldaten helfen dabei. Wer von uns wusste schon damals, das es die Letzte sein würde ? Die Letzte in Bumbeln ?

Wer hat das Korn gemahlen - wer das Brot davon gegessen ? Ob ich damals an das Ende der Sommerferien dachte ? Ich weiß es heute nicht mehr. Es gab kein Ende. Doch Mutters praktischer Sinn ließ mich helfen beim Vergraben von Eingewecktem - was kam in die großen Zinkkannen, was in die Waschwannen ?

Ob Mutter ahnte, dass sie Bumbeln nicht mehr lebend verlassen würde ? Noch im September 1944 begruben wir sie auf unserem alten Bumbelner Friedhof. Bad darauf, an einem Herbstabend im Oktober, verließen wir unser Dorf. Heute weiß ich, es war ein Abschied für immer von meiner Kindheit und von glücklichen Sommertagen in Ostpreußen.

Martin ruf nach einem Ball--------zurückkehren die Gedanken in die Gegenwart, zu den Kindern, der lieben Frau, zum Urlaub an einen Sommertag im Juli 1974 auf einem Bauernhof im Hohenloherland.

Erinnerungen überspannen manchmal 30 Jahre ganz leicht - Erinnerungen lassen sich nicht auslöschen.

Alfred Schiedat, eingesetzt am 25.05.2004, Hamburg Jenfeld